Ein deutscher Football-Blog

Montag, 6. April 2009

Sind Punts überflüssig?


"When in doubt - punt!"

Eine Footballweisheit vom großen John Heisman (der Mann, der, laut TMQ, seine eigene Trophäe nicht gewinnen würde, weil er Offense-Liner war). Eine Weisheit, die ich heute etwas näher betrachten möchte. Wenn man die Überschrift liest, könnte man meinen ich will John Heisman widersprechen, aber nein so anmaßend könnte ich niemals sein. Aber der Football hat sich verändert und damit auch seinen Taktiken.


John Heisman war Footballcoach von 1892-1927, er hat nach den alten Regeln gecoacht ("Flying Wedge") und nach den modernen Regeln (Line of Scrimmage, Downs etc.), aber dennoch war sein Football ganz anders als unser Football.
In der Zeit von John Heisman war die Offense klar im Nachteil: man durfte nicht mit Händen blocken, ein Incomplete Pass resultierte in einem Loss of Down usw. Der Ball wurde nur wenig bewegt, es gab kaum lange Drives. Zu der Zeit hat man Position-Football gespielt - ein Drive musste nicht mit Punkten enden, sondern das gegnerische Team in eine schlechte Feldpositionen bringen. Damals war der Quick-Kick eine Standard-Taktik und daher kommt auch der Spruch: "When in doubt - punt!". Gab die gegnerische Defense keinen Anhaltspunkt, welches Play funktionieren könnte, dann hat der Tailback den Ball gepuntet, egal welches Down gerade gespielt wurde. Der reine Ballbesitz hatte wesentlich weniger Wert als die Feldposition. Der Punt oder Quick-Kick war auch kein Spielzug mit einem Verteidigungsgedanken, niemand wäre auf die Idee gekommen es als "Befreiungsschlag" zu betrachten. Der Punt war eine Angriffstaktik, um das gegnerische Team unter Druck zu setzen. Das Austauschen von Punts war ein übliches Mittel, um Raumgewinn zu erzielen. In der damaligen Zeit gehörte der Überraschungsmoment zum Punt, es war Teil des Gameplans beim ersten, zweiten, dritten oder vierten Down zu punten.
Heute wird das Zitat: "When in doubt - punt!" meist nur noch auf die Situation bezogen, wenn man als Coach nicht weiß, ob man beim 4. Versuch punten oder dafür gehen soll.


Punt beim 4. Versuch mit Überraschungsmoment

Wie schaut der Football heute aus? Ganz klar, die Regeln bevorteilen die Offense. Teams bewegen den Ball; 300-500 Yards Offense pro Spiel sind keine Ausnahme sondern eher Durschschnitt. Es gibt jede Menge Shootouts (erinnern wir uns an das Stuttgart Scorpions - Saarland Hurricanes Spiel von 2005 mit dem Endergebnis 83:60). Grundsätzlich kann man von jeder Startposition aus punkten. Der Football von heute ist Possession-Football - jeder Ballbesitz ist wertvoll, eigentlich ist jedes Down wertvoll, wer würde heute auf die Idee kommen beim 3. Versuch zu punten? Wir spielen natürlich nicht Possession-Football in Reinform - die Mischung aus Possession und Position ist von Team und Team unterschiedlich. Teams mit guter Offense und schlechter Defense sind fast reine Possession-Football-Teams: sie punkten mit dem eigenen Drive und können den Gegner selten oder gar nicht stoppen. Wer auch immer letzten Drive macht gewinnt. Im Gegensatz dazu die Position-Football-Teams: sehr gute Defense und rudimentäre Offense. Diese Teams halten den Gegner bei unter 10 Punkten und punkten selber nur, wenn sie den Ball vor der gegnerischen Endzone bekommen.
Allerdings scheint den wenigsten Teams bewusst zu sein, welche Gewichtung in ihrer Spielart vorherrscht. Ich will mal kühn behaupten, dass 90% aller Teams beim 4. Versuch punten (4. & kurz und Aufholjagds nicht mitgerechnet). Es scheint so, dass viele Teams gerne ihren 4. Versuch aufgeben und den Ball punten, bzw. den Überraschungsmoment eines Quick Kicks aufgeben, nur weil...ja, weil man halt beim 4. Versuch puntet. Grundsätzlich sollte jedes Team während der Saison statistisch überprüfen, ob sich ein Punt beim 4. Versuch überhaupt lohnt:
Wieviele Yards macht man im Schnitt? - Mehr als man für ein First Down braucht -->kein Punt!
Mit welcher prozentualen Häufigkeit punktet der Gegner von der eigenen 20-Yard-Linie, von der Mittellinie, von der gegnerischen 20-Yard-Linie? - Die Unterschiede bewegen sich im 10%-Rahmen -->kein Punt.
usw.


Ich glaube, dass Teams mit einer sehr guten Offense überhaupt nicht punten sollten. Man setzt den Gegner viel mehr unter Druck, wenn er wirklich 4 Versuche verteidigen muss, d.h. er darf pro Versuch nicht mehr als 2.4 Yards im Schnitt zulassen, um die Offense zu stoppen. Natürlich kann das auch mal schief gehen und man überlasst dem Gegner den Ball in aussichtsreicher Position, aber auf lange Sicht wird man ohne Punts erfolgreicher sein, da man einfach länger den Ball hält und die Uhr kontrolliert.
Im Umkehrschluss sollten Teams mit schlechter Offense und guter Defense auch mal den Ball per Quick Kick beim 2. oder 3. Versuch punten. Wenn man keine 3.3 bzw. 2.5 Yards im Schnitt macht, dann sind First Downs eher Mangelware und man muss auf Feldposition hoffen, um zu punkten! Ein 3. und 10 in der eigenen Hälfte ist das perfekte Down für ein Quick Kick, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit mit einem Spielzug 10 Yards zu überbrücken, wenn man vorher mit 2 Versuchen nicht mal ein einziges erzielt hat?
Egal, ob man kaum oder beim 3. Versuch puntet, als Coach bietet man mit so einer Taktik jede Menge Angriffsfläche für Kritik. Statistisches Fundament hin oder her, wenn man Footballdogmen in Frage stellt, dann braucht man auch "Balls".

Punts sind vielleicht nicht überflüssig, aber Punts beim 4. Versuch sind unnötig. Warum den Ball wegtreten, wenn der Gegner damit rechnet und seinen besten Mann hinterstellt?

Mehr zu diesem Thema: "Arkansas coach punts traditional game plan"

7 comments: to “ Sind Punts überflüssig?

  • Anonym
    8. April 2009 um 12:35

    Vielleicht solltest Du Dich weniger mit fremden Federn schmücken und nicht tolle Erkenntnisse als eigene ausgeben, die schon vor Monaten an anderer Stelle veröffentlicht wurden (u.a. TMQ).
    Oder nenne den Blog um: SchanzerX schreibt Football ab - das wäre ehrlicher.

  • SchanzerX
    8. April 2009 um 16:22

    Oh, ich möchte nicht behaupten, dass die Erkenntnisse über die Notwendigkeit von Punts von mir stammen. Wie die meistens Coaches sammele ich meine Informationen von verschiedenen Quellen und übernehme Konzepte, die in mein System passen. Ich versuche auch innerhalb meiner Posts meine Quellen via Links anzugeben. Grundsätzlich lasse ich meine Erfahrungen, meine gesammelten Informationen und bestehende Erkenntnisse in jeden Post einfliessen. Das ist mein persönlicher Blog, ich schreibe/spreche über Themen, die mich interessieren. Der Blog heißt ja auch nicht: Schanzerx erfindet Football neu!

    P.S.: Du darfst einen Kommentar auch unter Deinem Namen schreiben, das macht die Diskussion persönlicher.

  • Matthias Schmücker
    13. April 2009 um 12:30

    Hallo Jens,

    schöner Blog.
    Ich glaub wir sind das einzige Team das regelmäßig den Quick kick einsetzt. Inzwischen wird das Thema "Punt im dritten Versuch" regelmäßig auf den Schiedsrichterschulungen in Niedersachsen besprochen.
    Natürlich unter allgemeinem Gelächter und verständnislosem Kopfschütteln "Die spinnen die Göttinger" ist dann der allgemeine Tenor.

    Grüße aus Göttingen
    Matthias Schmücker

  • Anonym
    13. April 2009 um 21:29

    Warum sollte man einen versuch herschenken, weil man nicht gut ist und dadurch in den statts bessere Werte der D aufweisen kann ??????? ( Raumverlust p Play )Oder ist das die Ankündigung eines coaches, und wer coacht denn beim Spiel gegen die Rams ? Intressenkonfliegt ? Und warum spielt erlangen Jugend dann nicht mit den Rams ? Fragen über Fragen, und keine Antworten! Irgendwie hat da ein Blog verfasser eine gespaltene Persönlichkeit ???? ;-)

  • rocco
    13. April 2009 um 21:52

    ich würde mal ganz dezent behaupten, das dieser blog nichts mit vereinsinternen angelegenheiten zu tun hat, sondern sich allgemein mit der thematik football beschäftigt.

    um warum werden diese diskussionen mit den rams immer über einen "anonymen" geschrieben?

    aber ich will diesen blog nicht mit sinnlosen beiträgen so wie du ihn gerade geschrieben hast verschandeln.

    in diesem sinne

  • SchanzerX
    14. April 2009 um 12:25

    @Anonym vom 13. April

    Ich lasse den Kommentar mal so stehen und versuche zu verstehen, was du uns eigentlich sagen wolltest.

    Grundsätzlich möchte ich meinen Blog nicht für irgendwelche "Vereinsgrabenkriege" benutzen. Mir ist egal welches Label auf der Verpackung ist, wenn guter, ehrlicher Football drin ist, dann bin ich mit Herzblut dabei.

    Rams-Sharks ist vielleicht nicht immer leicht zu vereinbaren, aber es gibt bestimmt keinen Interessenskonflikt. Mein Interesse gehört dem Football!

  • Anonym
    14. April 2009 um 19:17

    gut geantwortet, es sollte auch nicht ein Angriff auf den Verfasser sein, sondern meine Gedanken, wobei ich weder den Rams noch den Sharks zugeordnet werden möchte, aber beide Vereine mit Interesse beobachte! und damit natürlich auch die Trainer beide Vereine, Die Konstellation finde ich sehr ungewöhnlich, da denn Sharks ein Flag Programm sehr gut tun würde.

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