Mittlerweile liegt die Coaches Convention des AFVBY schon zwei Wochen zurück und es wurde Zeit, dass ich meinen angekündigten Post endlich beende. Also mit 14 Tagen Verspätung die Rezension der Coaches Convention vom 12./13. Februar 2011:
Für die Ungeduldigen werde ich gleich in der Einleitung ein Kurz-Resümee ziehen: "Es hat sich gelohnt, aber ich hätte mir mehr von Patrick Esume und Jeff Reinebold gewünscht!"
Ich werde versuchen die Vorträge der Referenten kurz und knapp vorzustellen und wage mich daran ein wenig Kritik zu üben. Selbstverständlich ist meine Bewertung rein subjektiv. Ich hoffe, ich werde ein entsprechendes Bild der Veranstaltung wiedergeben können. Natürlich darf jeder Leser seine eigenen Erfahrungen und Wertungen mit uns teilen, nutzt einfach die Comment-Funktion am Ende des Posts.
Also schauen wir uns die Dozenten und ihre Vorträge an (in willkürlicher Reihenfolge):
- Den ersten Vortrag, den ich unter die Lupe nehmen will, ist der Beitrag von Sascha Al-Agha. Er referierte über "Coaching OL, Aufbau und Training eines Zone- und Stretch-Konzepts". Im Grunde ging es um grundlegende Ansätze des Zone-Blockings der O-Line, die Techniken des Offense Backfields wurden nur kurz angerissen. Sascha Al-Agha stellte verschiedene Steps und Blocks vor und natürlich auch die klassischen Zone-Spielzüge. Leider wirkte der Vortrag sehr stark "abgespult", bei mir kam es nicht so rüber, als ob Coach Al-Agha sehr gerne O-Line-Coach ist. Es fehlten einfach die Leidenschaft und die Details, die Anwort auf das "Warum?", alles war sehr trocken, wie auswendig gelernt. Tut mir leid, der Vortrag hat mich nicht angesprochen!
- Brad Arbon durfte drei Themen bei der Convention vorstellen. Das erste trug den Titel "Developing Your Offensive System". Coach Arbon stellte verschiedene Ansätze vor, um ein bestehendes System zu verbessern, angefangen bei Trainingsplanung bis hin zum Game Management. Zu Beginn fiel es Brad Arbon schwer auf den Punkt zu kommen, aber letztendlich ging es im Wesentlichen darum seine Resource zu nutzen, um sein eigenes Coaching-Material zu überprüfen und zu verbessern. Man solle als Coach so viele Systeme wie möglich lernen, um letztendlich sein "perfektes" Offense System zu entwickeln. Die beiden anderen Vorträge waren wesentlich schwächer als das "Developing Your Offensive System"-Thema. Das "Kick-Off-Return-Scheme" war besonders ungünstig gewählt, unbeirrt von den Regeländerungen für 2011, die Wedge-Blocking bei Kick Off verbieten, referierte Coach Arbon über mehrere Return-Spielzüge, die alle auf Wedge-Blocking basierten. Sein letzter Beitrag über "die perfekte Pass Protection der OL" war sehr oberflächlich und überladen. Jede Menge Konzepte wurden angerissen, aber es ging nicht in die Tiefe. Eine Folie nach der anderen, man kam sich vor wie in einem Animationsfilm. Ich hätte mir gewünscht, Coach Arbon hätte sich auf die Grundlagen eines Pass Protection-Konzeptes konzentriert und diese näher vorgestellt.
- Martin Hanselmann hat der versammelten Menge den "Aufbau und Installation eines Pass-Systems im Angriff" erklärt. Als Trainer, der seine Übungsleiter-Lizenz in Bayern erhalten hat, bin ich schon das eine oder andere Mal in den Genuss gekommen diesen Vortrag von Coach Hanselmann zu hören. Martin Hanselmann war wie immer gut drauf und hat sein Thema gut organisiert vorgetragen. 3-Step-, 5-Step-Dropbacks, Rollouts, das Ganze gewürzt mit Anekdoten und Game Tapes von den Düsseldorf Panthers.
- Einen guten Vortrag mit einem unglücklichen Titel hat Daniel Koch abgeliefert. "4-3 Defense vs. Single-Back Run-Offense" stand im Programm, aber im Grunde ging es um ein "Cover-8"-Konzept. Coach Koch fühlte sich wohl auf seinem Gebiet. Sehr sicher konnte er alle Fragen zu der Defense beantworten und führt selbstbewusst durch seine Präsentation. Die Cover-8, ein Zone-Read-Defense-Konzept mit einfachen Regeln für Linebackern und Safeties wurde uns Zuhörern auf jeden Fall schmackhaft gemacht.
- Patrick Esume durfte leider nur zwei Vorträge halten. Coach Esume eröffnete die Veranstaltung mit der mittlerweile traditionellen German-Bowl-Gewinner-Geschichte. In seiner lockeren Art erzählte er von der Vorbereitung seiner Offense auf den German Bowl. Das Scouting, die Trainingsplanung und natürlich auch das Play Calling während des Spiels. Garniert mit Sprüchen und Szenen aus dem German Bowl gestaltete sich der Vortrag zu einer guten Mischung aus Information und Unterhaltung. Der zweite Beitrag lautete "My Punt Spread Scheme". Ein Überblick über die Techniken und Taktiken eines Pro-Style-Punts. Coach Esume legte voller Begeisterung los und erklärte Schritt für Schritt vom Snap bis zum Tackle des Returners den genauen Ablauf. Er kannte sich bis ins kleinste Detail mit dem Thema aus und leider musste er aufgrund des engen Zeitplans sehr schnell erklären, aber man konnte ihm gut folgen. Persönlich hätte ich wirklich gerne mehr von Patrick Esume gehört.
- Der letzte Redner des Tages war Jeff Reinebold, der WR-Coach von SMU. Ein sehr sympathischer Coach, der gleich zu Beginn betonte wie wichtige die Liebe zu unserem Sport ist. Er bewunderte die Arbeit der Footballtrainer außerhalb der USA und musste bemerken: "Coaches in the U.S. are spoiled". Coach Reinebold meinte, dass wir in Europa gute Coaches haben und der Unterschied zu U.S.-Trainer bestehe lediglich in den kleineren Möglichkeiten. Sein Vortrag zur "Punt Defense" war sehr interessant. Er behandelte Techniken, Taktiken und zeigte Videos von verschiedenen Drills. Mir hat der Vortrag einige Ideen für mein eigenes Training gegeben, z.B. der Individuals-Zirkel und ein paar neue Drills. Der zweite Vortrag behandelte Coach Reinebolds Steckenpferd: die 3-4 Defense mit Cover 2. In wenigen Minuten konnte er ein Blitz-Package installieren - einfache Regeln und einfache Calls. Das war wirklich faszinierend, wie einfach eine "komplexe" Defense installiert werden kann und wie viele Fronts und Looks man spielen kann und dennoch eine "sounde" Defense hat. Leider hatte Jeff Reinebold nur den Sonntagnachmittag zur Verfügung. Ich hätte mir wirklich gerne mehr von ihm angehört.
Bei jeder Coaches Clinic oder Convention nimmt etwas mit. Man kann nie genug lernen. Allerdings muss ich sagen, dass die diesjährige Convention die schwächste in den letzten drei Jahren war. Schade fand ich, dass die Podiumsdiskussion gestrichen wurde und das Jeff Reinebold und Patrick Esume zu wenig Zeit bekommen haben. Ein paar Vorträge hätte ich gerne dafür eingetauscht...
4. Mai 2011 um 16:40
Schade finde ich, dass manch einer von vornherein schon wusste, das er für seinen Vortrag der für 90min ausgelegt war nur noch 65min hatte, da der Vorredner überzogen hatte. Vielleicht wären meine Details dann besser rübergekommen und der Vortrag wäre manch einem nicht wie vorgelesen vorgekommen. Aber danke für die Rücksichtsvolle Beurteilung und ich werde das nächste Mal weniger und dafür genauer Vortragen.
Sascha Al Agha